Ergebnisse des Kandidatenchecks zur NRW-Landtagswahl

Zur NRW-Landtagswahl am 9. Mai 2010 hat der nordrhein-westfälische Landesverband des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) einen umweltpolitischen Kandidatencheck durchgeführt. Dabei wurden alle 640 Direktkandidaten der Parteien CDU, SPD, FDP, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke nach ihrer Haltung zum Neubau von Kohlekraftwerken, zur Gentechnik in der Landwirtschaft, zum Flughafenausbau und zum Flächenverbrauch gefragt. Außerdem wurde in den meisten Wahlkreisen jeweils eine Zusatzfrage mit örtlichem Bezug gestellt.

Landesweit haben zwei Drittel aller Direktkandidaten die Möglichkeit wahrgenommen, umweltpolitisch für ihren Wahlkreis Position zu beziehen: 90 % der Grünen-, 68 % der Linken-, 67 % der SPD-, 64 % der FDP- und 45 % der CDU-Kandidaten (Zahlenupdate 4.5.2010). Von den Spitzenkandidaten haben sich übrigens alle bis auf Bärbel Beuermann (Linke) den BUND-Fragen gestellt.

Die meisten Selbstauskünfte der Politiker zu den Kernfragen des BUND entsprechen den jeweiligen Parteilinien, daher sind besonders die „Ausreißer“ interessant. Parteiübergreifend hat sich so eine Mehrheit der antwortenden Direktkandidaten (etwa 66 %) für eine gentechnikfreie Landwirtschaft ausgesprochen, und gegen einen Stop des immensen Flächenverbrauchs in NRW war nur eine Minderheit (etwa 20 %). Der BUND wird die Politiker beim Wort nehmen!

Die Kandidaten in Wetter und Herdecke

Der Bereich unserer BUND-Ortsgruppe wird von zwei Wahlkreisen abgedeckt. Von den insgesamt zehn befragten Kandidaten haben Rainer Bovermann und Thomas Stotko von der SPD, Thomas Schmitz und Verena Schäffer von den Grünen sowie Funda Öztürk und Ramona Wolf von der Linken geantwortet.

Leider gar nicht reagiert haben Regina van Dinther und Ulrich Oberste-Padberg von der CDU sowie Marc Bartrina und Ute-Debora Gilsebach von der FDP.

Wahlkreis 105 (Ennepe-Ruhr I)

Dieser Wahlkreis umfasst die Städte Wetter, Sprockhövel, Hattingen und Schwelm.

BUND-Kandidatencheck Wahlkreis 105
Antworten im Detail auf der Seite des BUND-Landesverbands

Besonders interessant ist hierbei die Antwort des SPD-Kandidaten Rainer Bovermann, der die Frage, ob er für den Erhalt von Natur und Landschaft am Stork sei, überraschend klar bejaht und damit das in einem Landschaftsschutzgebiet geplante Gewerbegebiet ablehnt. Er äußert sich also anders als die SPD-Ratsfraktion in Wetter, die gemeinsam mit der FDP und einer kleinen Wählergruppe versucht, die umstrittene Gewerbeplanung voran zu treiben. Auch die Frage zum Stopp des Flächenverbrauchs beantwortet er positiv und erklärt dazu: „Boden ist ein unverzichtbarer Lebensfaktor und für den Erhalt der Biodiversität von großer Bedeutung.“

Dieser aus BUND-Sicht positive Widerspruch zur Parteilinie vor Ort besteht jedoch nur auf den ersten Blick. In seinem ergänzenden Kommentar zum Stork führt Rainer Bovermann nämlich aus: „Die Stadt Wetter braucht zur Schaffung und zum Erhalt von Arbeitsplätzen neue Gewerbeflächen. Natürlich muss dabei auf den Erhalt von Natur und Landschaft Rücksicht genommen werden, beispielsweise bei der Frage der Zufahrt zum Gewerbegebiet Stork.“ Das lässt darauf schließen, dass sein Ja doch nur sehr eingeschränkt gemeint ist und eigentlich ein Nein sein müsste. Ein Gewerbegebiet am Stork scheint er im Grundsatz nicht zu hinterfragen, und bloße „Rücksichtnahme“ z.B. beim Straßenbau lässt sich logischerweise nicht mit der Erhaltung (Nichtbebauung) von Natur und Landschaft gleichsetzen. Um Letzteres ging es in der Frage aber. Tja.

Grünen-Kandidat Thomas Schmitz kommentiert sein Ja zum Erhalt des Storks deutlich: „Belange der Menschen (Naherholung, Lärmschutz), die als ‚weiche Standortfaktoren‘ durchaus relevant für die wirtschaftliche Zukunft Wetters sind, werden nicht berücksichtigt. Das Gebiet ‚Am Stork‘ ist einer der wichtigsten Landschaftsräume im EN Kreis.“ Passend dazu ergänzt er seine Positionierung zum Flächenverbrauch wie folgt: „In NRW ist die Hälfte der Tier und Pflanzenarten vom Aussterben bedroht. Wir wollen unser wertvolles Naturerbe retten: Deshalb wollen wir den Flächenverbrauch stoppen. Wir wollen neue Nationalparks, einen großen Biotopverbund, wieder saubere und naturnahe Gewässer und den Wald schützen statt verkaufen.“

Auch Funda Öztürk von der Linken spricht sich für die Erhaltung von Natur und Landschaft am Stork aus, erläuterte dies jedoch nicht weiter. Außerdem beantwortet sie die Frage nach dem landesweiten Flächenverbrauch nur mit einem Unentschieden.

Wahlkreis 106 (Ennepe-Ruhr II)

Dieser Wahlkreis umfasst die Städte Herdecke und Witten.

BUND-Kandidatencheck Wahlkreis 106
Antworten im Detail auf der Seite des BUND-Landesverbands

Auffällig sind hier das Nichtantworten des Wittener SPD-Kandidaten Thomas Stotko auf die Frage zu einer ökologisch problematischen Gewerbeplanung in Witten und die ausweichende Antwort der Grünen-Kandidatin Verena Schäffer auf die selbe Frage.

Seit Längerem wird in Witten ein neues Gewerbegebiet am Annener Berg diskutiert, das u.a. mit erheblicher Flächenversiegelung, Verlust von Brutvogelhabitaten und Zerstörung einer wichtigen Frischluftschneise einhergehen würde. Im Kommentar zu ihrem Unentschieden schreibt Verena Schäffer: „Bisher liegt für den Bereich des Annener Berges kein Bebauungsplan vor. Bebaungspläne bedürfen der sorgfältigen Abwägung, wobei die Grünen immer ökologischen Belangen den Vorrang einräumen werden. Nur wenn der Natur- und Bodenschutz gewährleistet [werden] kann, werden wir eine Bebauung weiter prüfen.“ – Läge bereits ein Bebauungsplan vor, hätte der BUND die Frage nicht mehr gestellt. Würde wirklich ökologischen Belangen der Vorrang eingeräumt, dürfte es für Grüne einfach sein, in diesem Bereich mit einem Ja unmissverständlich Position zu beziehen. In ihrem Kommentar zur vierten Frage formuliert Verena Schäffer immerhin: „Die Versiegelung von Flächen muss gestoppt werden, zudem brauchen wir große und zusammenhängende Freiflächen für Wildtiere. […] Neuversiegelung soll nur noch zugelassen werden, wenn gleichzeitig woanders entsiegelt wird.“ Wir sind gespannt, ob die erklärte Politik der Landesgrünen (Stopp des Flächenverbrauchs, Vorrang für Ökologie) demnächst auch vor Ort in Witten praktische Anwendung finden wird.

Ramona Wolf von der Linken lehnt als Einzige ein Gewerbegebiet am Annener Berg klar ab und kommentiert das wie folgt: „Der Annener Berg ist einer der wenigen Ackerflächen, die es in Witten noch gibt. Das sollte auch beibehalten werden. Zudem liegt er in der Frischluftschneide von Annen und Rüdinghausen. Unsere Meinung ist, es gibt noch ausreichend Gewerbeflächen in Witten, die ungenutzt sind. Wir müssen erst die alten Flächen nutzen, bevor angefangen wird, neue Gewerbebebauung anzufangen.“ Nicht festlegen mochte sie sich hingegen, was den landesweiten Flächenverbauch angeht.

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